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Arbeit und Identität

© peshkov / stock.adobe.com

Von Kirsten Geling


Der Arbeitsauftrag der Freimaurer:innen erstreckt sich auf das Wirken außerhalb der Loge

Prolog: Wer bin ich eigentlich, wenn ich nicht arbeite?

Diese Frage beschäftigt mich, seit im vergangenen Sommer die Weiterexistenz meiner Arbeit aufgrund einer Umorganisation in Frage stand. Weit mehr als der mögliche Verlust meiner Existenzgrundlage erschreckte mich nämlich die Erkenntnis, wie stark mein persönliches Selbstverständnis mit meiner Arbeit verwoben ist.

Ein ganz zentraler Teil meiner Identität, so wurde mir klar, gründet sich auf meine berufliche Arbeit. Fragt mich einer, wer ich bin, so erläutere ich zuerst, was ich beruflich mache, erst an zweiter Stelle gebe ich an, was ich sonst noch tue oder bin.

Meine Identität – mein Verständnis meines Selbst – schreibt sich in mir ein durch die Spuren, die ich durch mein tätiges Wirken in der Welt hinterlasse. Durch Arbeit baue ich mir ein „Ansehen“ auf, einen „Ruf“ in der Gesellschaft. Durch meine berufliche Tätigkeit erhalte ich Bedeutung – einen Status, niedergeschrieben in einem Titel und belohnt durch ein Gehalt. Im Feedback der Gesellschaft auf mein berufliches Wirken reflektiere ich mich und definiere mich so in meinem Selbstverständnis.

Auch für mich als Freimaurerin spielt mein Beruf eine große Rolle. Bei der Aufnahme neuer Schwestern prüfen wir in unserer Loge sehr genau, ob die Suchende eine freie Frau von gutem Ruf ist. Ich erlange durch meinen Beruf bürgerliche Anerkennung und finanzielle Unabhängigkeit und damit die Qualitäten, die mir die Befugnis geben, Freimaurerin zu sein.

Ich arbeite – also bin ich –, so könnte meine Selbstdefinition lauten.

Der Frage, wie eng „Arbeit“ mit dem Verständnis unseres Selbst verknüpft ist, möchte ich in dieser Zeichnung nachgehen. Ich werde mich dabei auf die besondere Bedeutung von beruflicher Arbeit fokussieren.
Auf dem Weg zu einer Antwort werde ich drei Fragen untersuchen:

  1. Welchen Stellenwert nimmt berufliche „Arbeit“ in unserer modernen westlichen Gesellschaft ein?
  2. Welchen besonderen Stellenwert hat „Arbeit“ für uns als Freimaurerinnen? Und schließlich:
  3. Was gibt mir die Freimaurerei an Arbeitswerkzeugen an die Hand, um zu einem selbstbestimmten Ausdruck meines Selbst durch meine berufliche Arbeit zu gelangen?

Die identitätsprägende Rolle von Arbeit innerhalb der westlichen Gesellschaft

„Arbeit“ hat in unserer modernen westlichen Gesellschaft einen ganz hervorgehobenen Stellenwert. Das deutsche Wort „Arbeit“ geht zurück auf die germanische Wurzel „arva“, was „Knecht“ bedeutet und sich wiederum auf „arapi“ – „Mühsal, Plage“ – bezieht. Interessanterweise hat sich der Begriff der „Arbeit“ in einer Zeit herausgebildet, als der Mensch sich vom Jäger zum Ackerbauer und Viehzüchter weiterentwickelte. Im jahreszeitlichen Bearbeiten des Bodens und in der Sorge um das Vieh bedeutete Arbeit ein sich beständig wiederholendes und zeitlich fremdbestimmtes Tun. Arbeit birgt also Elemente von Notwendigkeit, äußerer Bestimmtheit und damit auch von Unfreiheit in der Fremdbestimmtheit.

Im Christentum wird Arbeit geradezu zu einem Definitionskriterium dessen, was den Menschen auf dieser Erde ausmacht. So verstößt Gott in der Schöpfungsgeschichte des Alten Testaments den Menschen aus dem Paradies mit den Worten: „Im Schweiße Deines Angesichts sollst Du Dein Brot essen.“ Arbeit prägt jenseits des himmlischen Paradieses das Dasein des Menschen in der irdischen Welt.

Tief verinnerlicht ist uns, dass „Müßiggang aller Laster Anfang“ sei. Die Faulheit bzw. Trägheit ist eine der sieben Todsünden. Das „Ora et Labora“ – das „Bete und Arbeite“ – der Benediktinermönche in den Arbeitsorden des Mittelalters lebt und blüht über die Jahrhunderte weiter.

Wir finden das Postulat, dass „Arbeit der Schlüssel zum Himmelreich“ sei, bei Martin Luther wieder, der mit seiner Theorie der „göttlichen Berufung des Menschen zu einer bestimmten Arbeitstätigkeit“ unseren heutigen „Beruf“ aus der Wiege hebt. Der Reformator Johannes Calvin macht den irdischen ökonomischen Erfolg des Individuums in der weltlichen Arbeit im Diesseits zur Grundlage dafür, ob man zu den von Gott Auserwählten im Jenseits zählt.
Der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel findet, dass es gerade die Fähigkeit des Menschen sei, sein Brot durch seiner Hände Arbeit selbst zu erzeugen, die ihn vom Tier unterscheidet. Arbeitend macht sich der Mensch die Schöpfung untertan und erreicht in der vermittelnden Auseinandersetzung mit der Welt seine Menschwerdung. Ausgehend von diesem Grundgedanken wird das vernünftige und arbeitend tätige Subjekt zum entscheidenden Protagonisten der Moderne. Die Aufwertung der beruflichen Arbeit in der Moderne, die von Max Weber in seinen Ausführungen zur protestantischen Arbeitsethik beschrieben wird, ist der Grundpfeiler der bürgerlichen Gesellschaft und der bürgerlichen Wertewelt. Karl Marx macht dann endlich Arbeit zum identitätsbestimmenden Faktor des Menschen, wenn er postuliert, dass Arbeit ein Grundbedürfnis des Menschen zu seiner „Selbstverwirklichung“ sei.
Heute, in unserer modernen kapitalistisch geprägten westlichen Gesellschaft, ist „Arbeit“ im Sinne von „Berufstätigkeit“ aus dem Selbstverständnis eines Erwachsenen nicht mehr wegzudenken. In einer Art zweiter sozialer und persönlicher Geburt macht uns das Erlernen und Ausüben eines Berufs erst zu dem, was wir als Erwachsene sind. „Was willst Du denn später mal werden“, fragen wir schon jedes Kind. Verlieren wir unsere Arbeit, so sind wir „arbeitslos“, und auf dem „Arbeitsamt“ werden wir schnellstmöglich wieder mit beruflicher Arbeit versorgt. Erst die Teilhabe am Arbeitsleben macht uns zum vollwertigen Mitglied der Gesellschaft und der Erfolg im Beruf ist Gradmesser für unser „Ansehen“ innerhalb dieser. Der Beruf – „unsere Arbeit“ – ist heute essenzieller Bestandteil unserer Erwachsenen-Identität.

Arbeit in der Freimaurerei

Das leitet über zu meiner zweiten Frage: Welchen besonderen Stellenwert hat denn nun die „Arbeit“ für uns als Freimaurerinnen?
Für die Freimaurerei spielt der Begriff der Arbeit eine fundamentale Rolle, konkretisiert sich doch unsere Arbeit in der Loge als Arbeitsbund mit Werk-Kult. Wir führen unsere Wurzeln zurück auf die Werkbünde der Bauhütten im Mittelalter. Unsere freimaurerischen Versammlungen werden als „Arbeiten“ bezeichnet.

Arbeit ist für uns Freimaurerinnen unstrittig identitätsbildend. Wir wachsen in unserer Identität, da wir beständig an uns arbeiten und uns in unserem Selbst reflektieren. In der inneren Arbeit jeder Einzelnen am rauen Stein schlagen wir die Kanten ab. Doch erst in der gemeinsamen Arbeit der Loge fügen wir die Steine aneinander. In der Weltenkette schwesterlicher Eintracht arbeiten wir als große Gemeinschaft am Bau des Tempels der Humanität.
Als Gesellin kommt mir bei diesem Gemeinschaftswerk ein ganz besonderer Arbeitsauftrag zu: nämlich der, Verbindungsglied zu sein. Meine Aufgabe als Gesellin lautet „Schau um Dich“. Ich habe folglich ganz wortwörtlich den Arbeitsauftrag, „gesellig“ zu sein. Das bedeutet, mich in die Gemeinschaft einzubringen und aktiv an der Arbeit an der Gemeinschaft mitzuwirken. Maurerisch gesprochen geht es darum, Fugen zu glätten und zu schließen.

Doch macht dieser gesellschaftliche Arbeitsauftrag halt vor den Türen der Loge?

Zu diesem gesellschaftlichen Arbeitsauftrag zählt auch, durch Reisen Kontakte zu anderen Logen zu knüpfen. Als Gesellin soll ich einen Schritt hinaus tun aus der geschützten Welt meiner Loge und die Beziehung zu Schwesterlogen herstellen. Wieder verstehe ich meinen Arbeitsauftrag darin, mich einzubringen in ein größeres gesellschaftliches Ganzes. Maurerisch übersetzt bedeutet es, die Werkelemente zum Ganzen eines allumfassenden Weltenbunds zu fügen.

Ich meine nein. Eine jede unserer Arbeiten im Tempel endet mit dem Auftrag der Meisterin: „… bewahrt in euren Herzen, was ihr an dieser heiligen Stätte erlebt habt, und tragt das Licht hinaus in die Welt.“

Unser aller Arbeitsauftrag erstreckt sich ganz explizit auf die Arbeit in der profanen Welt. Für mich als Gesellin geht es auch um die Arbeit an der profanen Gesellschaft. Es geht darum, die Werte der Freimaurerei in meinem gesellschaftlichen Umfeld zu verwirklichen. Wo könnte ich dies wohl besser tun, als im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit?

Welche Arbeitswerkzeuge gibt mir die Freimaurerei an die Hand, um zu einem selbstbestimmtem Ausdruck meiner Identität durch meine Arbeit zu gelangen?

Wie wir bereits gesehen haben, nimmt Berufstätigkeit im heutigen Erwachsenenleben eine zentrale Rolle ein. Im Idealfall bietet der Beruf einen Wirkungsbereich in der Gesellschaft, den wir nach unseren Vorstellungen und Werten prägen und gestalten können. Ein Beruf, mit dem wir uns voll und ganz identifizieren können, ist sicherlich ideale Werkstätte für ein gesellschaftliches Wirken und Gestalten als Freimaurerin in der profanen Welt.

Nur ganz so einfach ist dies im „echten Leben“ leider nicht.

Die meisten Menschen werden natürlich bei der Berufswahl nach einer möglichst sinnvollen Berufstätigkeit für sich suchen. Sinnvoll erscheint uns Arbeit dann, wenn wir durch etwas, das wir gut können, durch unsere Fähigkeiten, einen wichtigen Beitrag leisten und damit innerhalb der Gesellschaft für andere Menschen wertvoll sind.

Als schwieriger erweist sich die Frage, inwieweit wir unsere berufliche Tätigkeit nach unseren Vorstellungen und Werten gestalten können. Schließlich ist gerade das Berufsleben in enge gesellschaftliche Geflechte und Zwänge eingebunden und wir sind in unserem beruflichen Tun oft sehr weit davon entfernt, selbstbestimmt und frei zu sein. Besonders das Streben nach Macht und Status und materiellem Wohlstand führt uns Menschen in Versuchung, fremdbestimmten „Rollenbildern“ und daran geknüpften Werten zu entsprechen.

Blinder Ehrgeiz fördert bedingungslose, teils gewissenlose Anpassung als probates Mittel, die Karriereleiter rasch nach oben zu klettern. Doch auch wirtschaftliche oder familiäre Notwendigkeiten, die Angst vor Arbeitsplatzverlust und manchmal auch einfach nur Bequemlichkeit lassen Menschen in beruflichen Rollen und Gefügen verharren, in denen sie nicht „sie selbst“ sein können.

In der Erfüllung fremder Rollenbilder und Werte in unserem tagesfüllenden Tun drohen wir jedoch auf Dauer uns selbst und unseren Lebenssinn zu verlieren.

Als Freimaurerinnen sollen wir mit dem Senkblei in der Hand und mit der Winkelwaage unser Denken und Handeln prüfen. Der Appell, den wir aus dem Tempel in die profane Welt hineintragen, lautet: „Werde die, die Du bist!“

Die Frage, die ich mir als Gesellin also immer wieder stellen muss, ist: Bin ich in meinem Leben in der Gesellschaft in Identität mit mir selbst? Bin ich „Baumeisterin“ meines eigenen Lebens und verwende ich die mir gegebene Zeit entsprechend meines Lebens-Bauplanes? Kontinuierlich muss ich überprüfen, ob die innere Geometrie meines Lebensgebäudes noch stimmt und ob ich in meinem Leben und in der Gesellschaft dort stehe, wo ich stehen will, und so lebe, wie ich leben und sein will. Das sind mutige Fragen, die zu mutigem Handeln auffordern.

Gelingt es mir, mich in meinem Beruf so zu positionieren, dass ich mir Gestaltungsräume und Handlungsfreiheit erringe, dann wird mein beruflicher Verantwortungsbereich zu dem Stück Gesellschaft, das ich im täglichen Tun beeinflussen und verändern kann. Dieses Stück Realität, das in meiner Macht steht, ist mein gesellschaftliches Werk- und Baustück im besten freimaurerischen Sinne. Ich kann ihm den Wertestempel meiner Identität aufprägen, kann Werte leben und wirklich werden lassen. Hier kann ich der Gesellschaft mein ganz persönliches Steinmetzzeichen aufprägen.

Gelingt mir das, dann kann ich mit Stolz sagen, dass ich mich mit meiner Arbeit voll und ganz identifiziere. Ist dies nicht der Fall, so wird es Zeit, Mut zu fassen, etwas zu verändern und eine neue Wirkstätte in der Gesellschaft zu finden. Eine Arbeit in und an der Gesellschaft, in der ich die sein kann, die ich bin.

Nachsatz:

Heute lege ich diese Zeichnung nicht im Tempel auf, sondern ich sende sie an Euch als Podcast. Die Welt ist im Griff der Corona-Krise. Die Lage auf der gesamten Welt ist sehr ernst und Tag für Tag wird uns klarer, wie ernst. Gesellig sein muss in diesen Tagen mit sozialer Distanzierung übersetzt werden. Wir befinden uns am Anfang eines Umbruchs, der viele Bereiche der Gesellschaft betreffen wird – unsere Arbeit und die Dimensionen und Möglichkeiten, wie wir arbeitend in der Gesellschaft wirksam werden können, sind zuallererst betroffen.

Als Freimaurerinnen sind wir in dieser Situation aufgerufen, an die Arbeit zu gehen. Jede von uns muss in ihrem Umfeld das ihr Mögliche tun, diese Krise zu bewältigen. Viel weitreichender aber noch muss jede das ihr Mögliche tun, damit wir auch nach der Krise noch in einer Welt leben, die unseren Werten entspricht.

Literaturhinweise:
Arendt, Hannah: Vita activa oder Vom tätigen Leben, München 1960
Bordt, Michael: Die Kunst, sich selbst zu verstehen. Den Weg ins eigene Leben finden, München 2018
Hubbart, Renate: Werde, die du bist! Texte von Gesellinnen, Publikation der Frauen-Großloge v. Deutschland, Berlin 2017
Konicz, Tomasz: Ora et Labora , Heise Online Telepolis, 26.12.2013
Leimon, Averil; McMahon, Gladeana: Positive Psychologie für Dummies, Weinheim 2018
Priddat, Birger P.: Arbeit und Muße, Marburg, 2019
Ulke, Karl-Dieter: Arbeit und Identität, Ulke-Essays, München 2004

Die Zeichnung „Arbeit und Identität“ wurde zuerst veröffentlicht in der Zeitschrift „Der Zirkel“, dem Mitteilungsblatt der Frauen-Großloge von Deutschland (FGLD), Ausgabe 72/2 (Nov. 2020). Der 1982 unter dem Namen „Zur Humanität“ gegründete FGLD gehören mittlerweile 30 Logen an. Das Mitteilungsblatt „Der Zirkel“ kann über die Redakteurin, Sr. Adelheid Herkenrath, per E-Mail abonniert werden: zirkelredaktion@freimaurerinnen.de

Leserbriefe

Der Titel der Zeichnung der Sr. Kirsten Geiling sprang mich sofort an: Ist dies doch m.E. ein zentrales Thema unserer heutigen Gesellschaften, wenigstens in der sog. Ersten Welt. Ich muss zugeben, dass ich dann etwas enttäuscht war. Sr. Kirsten beschreibt sehr gut die Geschichte der Arbeit und ihre Rolle in der Freimaurerei. Und sie kommt zu dem Schluss, dass die Identität darin liegt, sich voll und ganz in der für mich selbst sinnvollen Arbeit zu verwirklichen. Dem will ich keineswegs widersprechen und dies ist denn auch keine Kritik an ihren Ausführungen. Die für mich spannende Frage aber wird nicht untersucht: Gibt es eine Identität JENSEITS der Arbeit? In unserer hoch spezialisierten und hoch technisierten Welt kann sich heute kein Mensch mehr dadurch definieren, dass “er sein Brot durch seiner Hände Arbeit selbst erzeugt”. Er kauft sein Brot im Supermarkt. Natürlich überspitze ich hier. Doch wir alle wissen von entfremdeter Arbeit, wir wissen, dass körperliche Arbeit immer mehr durch Maschinen übernommen wird, dass immer weniger Menschen für einfache Arbeiten benötigt werden. Man könnte auch sagen: Wir haben es durch Industrialisierung und Technisierung geschafft, uns von der Arbeit zu befreien. Der Fluch der Paradiesvertreibung gilt nicht mehr: Wir müssen eben NICHT mehr im Schweiße unseres Angesichts unser Brot verdienen. Was für eine fantastische Leistung von uns Menschen! (Mal abgesehen davon, dass es noch lange nicht erreicht ist, dies allen Menschen zugutekommen zu lassen). Doch nun stehen wir hier und haben keine Arbeit mehr. Psychologisch und gesellschaftlich haben wir mit dem technischen Fortschritt nämlich nicht Schritt gehalten. Denn noch immer gilt: Identität durch Arbeit und ohne Arbeit keine Identität. Wir sehen es z.B. an der Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen – wir können es (bisher) weder soziologisch, noch psychisch akzeptieren! Dazu müssten wir es schaffen, den Wert eines Menschen nicht mehr an der Arbeit zu messen. Aber an was dann? Wir Freimaurer könnten EINE IDEE DAVON haben. Wenn wir von “Arbeit” sprechen, meinen wir Tempelarbeit oder die innere Arbeit am rauen Stein – wir haben in unserem Kontext den Begriff der Arbeit längst transzendiert. Den Wert eines Menschen sehen wir in seinem (inneren und sozialen) Wesen, das er versucht zu vervollkommnen. Ist das nicht ein Denkmodell für unsere Gesellschaft? In dieser Utopie würden alle Menschen im freimaurerisch-transzendierten Sinne “arbeiten” können, da sie von der Last der Arbeit als Existenzgrundlage befreit wären. Sie könnten an ihrer inneren Verwirklichung arbeiten, sie könnten an der Verbesserung des Gemeinwesens arbeiten. Ich weiß, dass dies “Sterne” sind, die wir so wohl nicht erreichen, an denen wir uns aber doch orientieren können (wie Br. Schikofsky in seiner Zeichnung in derselben Ausgabe der Humanität zitiert). Ich finde, wir Freimaurer könnten jedenfalls ein bisschen “Denkarbeit” leisten und diskutieren, welche Bedeutung Arbeit in einer modern verstandenen Humanität haben soll und welche nicht. Sr. Kirsten möge mir nachsehen, dass ich ihre Zeichnung als Aufhänger für ein paar eigene Fragen und Gedanken genutzt habe. Franz Josef Fries, Trier

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