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Die freimaurerischen Ideale weitergeben

© anncapictures – pixabay.com

 

Von Hans-Jürgen Schikowski

Unsere Werte sind weltweit wieder stärker gefragt

Wir Freimaurer stehen für eine Idee, aber geben wir diese Idee auch weiter und vermitteln wir unsere Ideale auch richtig?
Nun, das Vermitteln einer Idee oder von Idealen bedeutet, dass wir etwas für unsere Mitmenschen leisten. Wissenschaftlich betrachtet ist die Weitergabe von Wissen bereichernd und sinnvoll. Unsere Idee oder unsere Ideale müssten eigentlich in die Liste des immateriellen Kulturgutes der UNESCO aufgenommen werden, dessen Hauptinhalt die Weitergabe von Wissen und kulturellen Fähigkeiten ist.

Dieses Weitergeben bildet auch die Endphase eines Leistungsprozesses – so ist es im „Handbuch der Psychologie“ zu lesen. Also sind wir alle auch eine Art Dienstleister, wenn wir Wissen weitergeben. Auch die Kanzlei der Großloge ist Dienstleister für die Logen. Es ist natürlich Mentalitätssache, ob und wie jemand die Freimaurerei darstellt.

Menschen brauchen Menschen – Brüder brauchen Brüder

Grundsätzlich gilt, dass Derjenige, der etwas anbietet, von dem, was er anbietet, auch überzeugt sein sollte. Er muss hinter dieser Dienstleistung stehen. Die Kraft, die er dazu benötigt, sollte aus ihm selbst kommen und nicht aus den Werkzeugen, die ihm zur Verfügung stehen. Er muss also das Wissen haben und er muss davon überzeugt sein. Und er muss diese Begeisterung auch nach außen tragen können. Was nutzt es, wenn die tollste Idee zur Verfügung steht, aber der Übermittler durch mangelnde eigene Begeisterung die Vorteile nicht weitergeben kann. Das Ergebnis ist, dass der Gesprächspartner nicht versteht, was gemeint ist.

Wissen weiterzugeben heißt aber auch dienen, sagt Earl Nightingale (1921–1989), ein amerikanischer Motivationstrainer. Daran schließt ganz selbstverständlich die Frage an: Wem dienen wir denn durch die Weitergabe von Wissen? Meine Antwort: Wir dienen letztlich unseren Mitmenschen. Das können Freunde, die Familie, Mitarbeiter oder Brüder sein. Jedem, einfach jedem, mit dem wir Kontakt haben oder zu dem wir Kontakt wünschen, dienen wir in irgendeiner Form.

Und in dem Umfang, wie wir diesen Menschen dienen, werden wir auch eine positive Resonanz erhalten. Niemals zuvor in der Menschheitsgeschichte sind die Menschen so intensiv miteinander vernetzt gewesen wie heute.

Es ist unmöglich zu leben, ohne anderen zu dienen. Denn wir brauchen einander. Menschen brauchen Menschen — Brüder brauchen Brüder.
Wir Menschen können buchstäblich nicht ohneeinander leben, nicht einmal, wenn wir ein Streichholz anzünden, wenn wir ein Glas Wasser trinken, wenn wir das Licht einschalten, wenn wir telefonieren und vieles andere. Immer werden wir in irgendeiner Form von anderen Menschen bedient!

Treibsatz und Fahrgestell für unsere Idee

Wissen weitergeben, also letztlich dienen, ist der Treibsatz für die Zwischenmenschlichkeit. Wissen weitergeben heißt aber auch, die Ziele oder Ideale so darzustellen, dass der Gesprächspartner sie versteht.

Es liegt also an uns, die Idee der Freimaurerei nach außen zu tragen und darzustellen – wir müssen sagen, wer wir sind, woher wir kommen und was wir wollen. Dazu kann uns vielleicht auch der Grundsatz helfen: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“ Wichtig ist dabei nur eines: Je einfacher die Darstellung, umso verständlicher und zündender kommt die Idee an, die dahintersteckt.

Aber Ideen brauchen nicht nur Treibsätze, sondern sie brauchen auch ein Fahrgestell. Wer weiß schon, wie viele Ideen in den Köpfen und Schubladen einen Dornröschenschlaf halten? Sorgen wir dafür, die Ideen und die Ideale entsprechend auf den Weg zu bringen, auf große Fahrt zu schicken. Br. Kurt Römer, vormaliger Großschatzmeister der VGLvD, sagte in der Festarbeit anlässlich eines Stiftungsfestes in Hamburg: „Wir dürfen nicht in einem Elfenbeinturm sitzen und um uns her alles nur geschehen lassen.“ So ist es. Etwas tun müssen wir schon selbst — ein jeder auf seine Art.

Doch was ist bedeuten nun Treibsatz und Fahrgestell für einen Freimaurer? Was ist die Idee und was sind unsere Ideale?

Carl Schurz, ein deutscher Revolutionär und Auswanderer, der im 19. Jahrhundert ein angesehener Politiker in den USA wurde, sagte: „Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht erreichen, aber man kann sich an ihnen sehr wohl orientieren.“ Carl Schurz war Mitglied der „Herman Lodge“ No. 125 in Philadelphia.

Ich verweise hier auch auf das Beispiel eines Geigers, dessen Ideal es war, einmal das große Violinkonzert von Max Bruch spielen zu können. Selbst wenn er es nicht geschafft hat, so hat er aber immerhin gelernt, sein Instrument zu beherrschen.
Also bitte nicht nach dem Motto denken: „Wenn ich nicht Nobelpreisträger, Olympiasieger oder Superstar werden kann, dann lasse ich lieber gleich die Finger davon.“ Das wäre ein fauler Verrat an unseren Idealen.

Die Idee ist gut und wir stehen hinter ihr

Die Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland lehrt uns, dass der Weg durch die Wüste führt, also recht beschwerlich und auch gefährlich ist. Aber ist nicht der Irrweg nach Nirgendwo viel gefährlicher? Also ist der Weg das Ziel. Lassen wir uns nicht beirren und gehen wir unseren Weg. Gehen wir einen Weg, der uns durch die Gesetze des Bundes und unsere Leitsätze vorgegeben ist.

Sind unsere Ziele, unsere Ideale definiert, müssen wir sie „nur noch“ nach außen tragen und weitervermitteln. Nach außen tragen heißt, eine verständliche Form zu finden, in der wir unsere Idee darstellen und mit der wir an die Bedürfnisse der Menschen um uns herankommen.

Wir müssen für unsere Sache werben, indem wir andere Menschen ansprechen, jeder auf seine Weise. Wir haben schließlich nichts zu verbergen.
Fangen wir damit an, und zwar jetzt! Die Idee ist gut und wir stehen voll hinter ihr. Das heißt, wir sind von ihr überzeugt. Und die Werkzeuge, um das Wissen zu präsentieren, sind auch vorhanden. Etwa unsere Internetauftritte, die Gästeabende mit den persönlichen Gesprächen, unsere karitativen Engagements.

Stellen wir uns also nach außen dar, indem wir sagen, dass wir eine Gemeinschaft von Männern sind, die die Verwirklichung humanitärer Werte anstrebt und die vor allem bereit ist, an sich selbst zu arbeiten. Die Forderung nach einer stärken Orientierung an den Werten, die wir Freimaurer vertreten, ist weltweit in den Gesellschaften wieder gefragt.

Freimaurerei ersetzt nicht das eigene Denken

Und wir sollten überzeugend vermitteln, dass wir Menschen sind, die den Sinn des Lebens im Wirken in der Gemeinschaft suchen und dass wir Ehrfurcht vor dem Leben haben. Sagen wir, dass unser gesellschaftlicher Umgang dem Erhalt der freien Meinungsäußerung und dem gegenseitigen Verstehen dient und wir dies in unseren regelmäßigen Zusammenkünften manifestieren. Wo wir uns zusammenfinden, wird die Gemeinschaft gefördert und der Sinn für ein verantwortliches Denken geweckt.

Wir suchen Männer, die sich mit unseren Zielen identifizieren können, denen wir gefallen und die uns gefallen.

Und sagen wir weiterhin, dass unsere Rechte und Pflichten im Einklang mit den Gesetzen unseres Landes stehen und auch, dass karitative Tätigkeit für uns Freimaurer keine leere Phrase ist. An all diesen Aussagen zu unseren Zielen gibt es überhaupt nichts auszusetzen und darüber ist auch nicht zu diskutieren.
Wenn wir als Freimaurer die Ideale oder Tugenden der Aufklärung, nämlich Menschenliebe, Toleranz und Brüderlichkeit mit Freude und Begeisterung leben, dann sind wir ganz automatisch Vermittler der Idee der Freimaurerei.

Freimaurerei ersetzt nicht das eigene Denken, sie ist keine Partei und keine Religion, aber sie ist auch durch nichts zu ersetzen. Und daran schließt sich mein Wunsch an, dass wir einerseits mehr miteinander reden und andererseits auch mehr in Entscheidungen eingebunden werden, denn Ideen ergeben sich nur durch ein Miteinander!

Dieser Beitrag stammt aus dem Heft 2-2021 der HUMANITÄT, dem deutschen Freimaurer-Magazin. Das Heft kann bei der Kanzlei abonniert werden.