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Kriege, Krisen und Kulturen

Illustration: freshidea / stock.adobe.com

Auch heute ist wieder von einem Kampf der Kulturen die Rede, und wieder sind es Kontrahenten, die historisch und kulturell aus derselben Wurzel kommen.

Von Jens Oberheide

Der französische Denker Paul Valéry (1871–1945) hat unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg etwas formuliert, was uns heute wieder in den Sinn kommen könnte. „Wir Kulturvölker“, so schrieb er 1919, „wir wissen jetzt, dass wir sterblich sind.“ Diese Erkenntnis sei ausgelöst durch eine „Crise de l`Esprit“, eine „Krise des Geistes“. Vor dem Hintergrund des großen Krieges hat Valéry die Frage gestellt, warum sich verwandte Kulturvölker gegenseitig bekriegen, anstatt sich auf den Geist zu besinnen, der sie eigentlich miteinander verbindet. Sie hatten doch gleiche kulturelle Wurzeln und vergleichbare ethische und moralische Vorstellungen. Die Geschichte lehrt uns: Es geht nicht um Kultur und Geist gegen Unkultur und Ungeist. Es geht vor allem um Macht. Und dafür benötigt man (immer noch) Feindbilder, mit denen man Machtansprüche begründet. 

Der Zweite Weltkrieg hat diesen Zusammenhang auf schlimmste Weise pervertiert. Ergänzt um die erklärte Vernichtung einer ganzen Kultur, aus der man ein Feindbild konstruiert hatte, dem man alle Schuld zuwies, und mit dem man Untertanen motivierte, in den Kampf zu ziehen, um die angeblich bedrohte „Abendländische Kultur“ zu retten. Diese hatte schon oft herhalten müssen. Etwa für Kreuzzüge, Inquisition, Eroberung und Unterdrückung Andersdenkender. 

Auch heute ist wieder von einem Kampf der Kulturen die Rede, und wieder sind es Kontrahenten, die historisch und kulturell aus derselben Wurzel kommen. Da kommt uns der Krieg in der Ukraine in den Sinn, aber auch der Kampf islamischer Völker gegen sich selbst, und wieder gehen all diese Kämpfe eher um Macht und nicht so sehr um den Geist einer Kultur, vorgeblich allerdings auch um Weltanschauung und Religion. Insofern gleichen sich die Szenarien, die Valéry schon für den 1. Weltkrieg beschrieb.  

Bei allen Konfliktparteien ist – damals wie heute – viel Hass im Spiel. „Hass“, sagt der Kulturphilosoph Émile Chartier (1868–1951), „Hass sollte man stets als Fanatismus ansehen, und Fanatismus als Zeichen armseliger Kultur.“ Aus dieser Wurzel kommt auch der Terrorismus, der uns so viel Angst und Probleme verursacht. Angst beherrscht auch die Gefühle hierzulande. Dabei gilt eigentlich ein treffender Satz von Wolf Biermann: „Die meisten Menschen in der Welt wären sehr glücklich, wenn es ihnen so schlecht ginge, wie den Deutschen.“ 

Dieses „deutsche Gefühl“ wird in unseren Tagen durch Meinungsumfragen, Studien, bedrückte Menschen und ratlose Politiker bestätigt. Die Demografen belegen repräsentativ, dass die allgemeine Stimmungslage tatsächlich „schlecht“ ist. Die Deutschen sind zutiefst verunsichert. „Deutschland – Angstland“ titelt ein Kommentar. Da ist das Flüchtlingsthema, welches viele überfordert. Und da ist die Furcht vor Gewalt und Terror.  

Hinzu kommt – nicht nur hierzulande – ein diffuser, dumpfer und emotionaler Rechtspopulismus, eine (mit einem Mal weitverbreitete) Niveauverflachung, ein leichtfertiger Umgang mit der Wahrheit, ein offenkundig erfolgsträchtiges Bedienen von Vorurteil und Verleumdung, die im Modewort „Fake“ daherkommen. Es grassiert wie eine Epidemie, als wenn einer den anderen angesteckt hätte. Mit Angst und dem allgegenwärtigen Schreckensbild drohender Gewalt und unberechenbaren Terrors erreicht man Wähler und sogenannte Wutbürger.  

Es war einmal, könnte man sagen, es war einmal eine Zeit, in der wir dachten, es ginge alles immer so weiter wie gewohnt. Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit, Wohlstand, Sicherheit. Wir fühlten uns relativ geborgen. Diese Zeit ist noch gar nicht so lange her. Heute sehen wir, dass unsere Welt nicht so ist, wie wir sie uns – zumindest in Mitteleuropa – viele Jahre lang gedacht haben. Jetzt wird etwas apostrophiert, was wir im friedlichen Miteinander seit Jahrzehnten nicht kannten. Ist das ein „Kampf der Kulturen“, wenn der Terror im Namen angeblich höherer Mächte antritt, sich „Religion“ nennt und sich mit Gewalt gegen angeblich „Ungläubige“ richtet? Ist das „Kampf der Kulturen“, wenn auf der anderen Seite vorgebliche „Verteidiger“ einer sogenannten abendländischen Kultur stehen? 

Warum es den Deutschen in den 30er-Jahren so schlecht ging? Schuld daran waren die Juden und die Freimaurer, stellvertretend für überstaatliche Mächte, wie sie heute bei Verschwörungstheoretikern wieder auftauchen.  

Freilich hat sich die strapazierte abendländische Kultur in ihrer Geschichte gelegentlich weltoffen, tolerant gezeigt. Zu ihr gehört nämlich auch das Hohelied der Toleranz, welches Lessing im „Nathan“ als Gleichberechtigung der Religionen, als etwas gewissermaßen folgerichtig Selbstverständliches dargestellt und vorgeführt hat, dass es Werte sind, die eine Kultur ausmachen.  

Werte, wie die Würde der Menschen, die frei und gleich an Rechten geboren sind und sich im Geiste der Brüderlichkeit begegnen sollen. Ich zitiere damit den Minimalkonsens menschlichen Miteinanders, wie er in der UN-Charta der Menschenrechte steht. Wer das nicht tut, hat eigentlich keinen Anspruch auf den Ausweis „Kultur“. 

Zum Wertekanon unseres Kulturbegriffs trägt auch Kant bei, der die moralische Fähigkeit des Menschen betont hat, sich selbst zum Guten zu entwickeln. Auch Albert Schweitzer gehört dazu mit seiner Definition von Kultur. Sie sei ihrem Wesen nach zweifach. „Sie verwirklicht sich in der Herrschaft der Vernunft über die Naturkräfte und in der Herrschaft der Vernunft über die menschlichen Gesinnungen.“ Die sind, wie wir wissen, nicht immer lauter und edel. Vernunft also als Ausweis einer Kultur? 

Zur europäischen Identität gehört auch der Begründer der abendländischen Philosophie, Plato. 400 Jahre vor unserer Zeitrechnung hat Plato Aktuelles für uns und unsere Zeit gesagt: „Kultur ist der Sieg der Überzeugung über die Gewalt.“ 

Kann man mit Überzeugung Gewalt besiegen? Kann man auf Kants moralische Fähigkeiten bauen? Darf man sich mit Albert Schweitzer auf die Überlegenheit der Vernunft verlassen?  

Die Erfahrung der Weltwirklichkeit lehrt uns leider, dass oft der zu den Verlierern gehört, der nicht selbst Gewalt mit Gewalt zurückzahlt. Trotzdem gibt es eine (oft schweigende) Solidarität für die Freiheit des Geistes und gegen das Faustrecht der Straße. Wenn diese Freiheit des Geistes jedoch eine schweigende bleibt, mündet das in eine Art sorgenvoller Ohnmacht angesichts von Wutbürgern, die eine Form von Hass vertreten, „der sich als Volk ausgibt“ (wie es eine Anti-Bewegung auf ihr Plakat schrieb). Ignorieren? Wegsehen? Auch das ist weitverbreitet. Aber schweigende Mehrheiten könnten auch wählen. Die Stimmungslage im Lande wird auch beeinflusst durch Wählerverhalten. 

Es darf doch nicht sein, dass wir Menschlichkeit als „Schwäche“ erleben. Aber: ist Kultur tatsächlich „stärker“? Oder ist das nur eine schöne Theorie, weil wir Angst haben, unsere Geisteshaltung auch ansprechbar und aussprechbar zu machen? Diskutierbar. Einsetzbar gegen den Ungeist. 

Was verstehen wir unter „Kultur“? „Kultur ist im weitesten Sinn alles, was der Mensch selbst gestaltend hervorbringt“ (Wikipedia). Man könnte ketzerisch daraus schließen: Der Mensch gestaltet auch Waffen. Nach unserem Begriffsverständnis steckt jedoch hinter „Kultur“ eine gewissermaßen positiv gestaltende Absicht. Und in diesem Gestaltungsprozess gehen einige (wie die Freimaurer) davon aus, dass der Mensch sogar sich selbst gestalten kann, ja, mehr noch, dass er es tun muss. Unter „Kultur“ versteht man deshalb nicht nur im landläufigen Sinn Wissenschaft und schöne Künste. Bildung, Musik, Malerei, Dichtung, Kommunikation. Auch Ausbildung und Pflege der geistigen Güter gehören zum Kulturbegriff. Ethik und Moral etwa, und ein Wertebewusstsein, das gegen Gewalt, Intoleranz und Missachtung humaner Werte positioniert ist.  

Freimaurerei ist die Idee des sinnvollen Bauens und Gestaltens von Zeit und Raum. Das meint: Die Zeit sinnvoll nutzen zur Selbstfindung und Selbsterziehung, zur Suche nach Lebensqualität und Sinn, zur Gestaltung von Lebensraum und Umwelt. Ja, zur Verwirklichung eines Lebensstils. 

Ein derart skizzierter Lebensstil muss ja nicht „Freimaurerei“ heißen, aber dieser Grundkonsens berührt eine Kulturphilosophie, die seit der Aufklärung sowohl als Pflege von Kunst und Wissenschaft, als auch als Veredlung der Lebenshaltung, ja, als Versittlichung gilt. Herder kennzeichnet diese „Veredlung“ und „Versittlichung“ mit der „höheren Natur des Menschen“, der Entfaltung von Humanität, dem Ideal aller Bildung und Erziehung.  

„Entfaltung“. Ja. Das ist etwas Aktives. Etwas, was ich machen kann. Wenn das so ist, dann gehört zur Humanität auch die Verantwortung des Menschen für die Zustände des Daseins und das Vertrauen darauf, dass er diese auch verändern kann. Folgt man diesem Gedanken, dann kann (nach Plato) Kultur tatsächlich als argumentative Überzeugungskraft gegen Missstände und Gewalt antreten. Mehr noch: Sie muss es tun, denn sonst wäre die Reaktion auf Gewalt ebenfalls Gewalt. Zwischenlösungen gibt es nicht. Es sei denn, man zählt die Diplomatie dazu. Aber Diplomatie ist natürlich auch Teil der Kultur. 

Kultur kann nicht „erobern“, sie muss überzeugen. Und sie hat die besseren Argumente. 

Mit dem „sinnvollen Bauen und Gestalten von Zeit und Raum“, mit dem ich Freimaurerei bildlich umschrieb, ist auch impliziert, dass ich selbstverantwortlich denken und handeln kann. 

Es sei am Rande angemerkt, dass auch Kulturschaffende diese Freiheit benötigen, und sicherlich ist es kein Zufall, dass Kulturschaffende aller Couleur sich immer wieder vom ethischen Symbolbund der Freimaurer inspirieren lassen. Sie bereichern ihrerseits die Freimaurerei mit ihren Bildern, Gedanken, Worten und Tönen. Wenn man Glück hat, ergibt sich daraus eine Wechselwirkung. Zumindest der freimütige Austausch von Ideen oder jene „cultura animi“, mit der Cicero die „Pflege des Geistes“ anspricht. 

Aber was hat das zu tun mit Platons Behauptung, dass Kultur über Gewalt siegt? 

Eine kleine Allegorie zur Kulturphilosophie. Das griechische Wort „Arche“ bedeutet so viel wie „Anfang, Urgrund, Prinzip.“ Noahs Arche kann deswegen als Symbol der Kultur gelten, weil alle Menschenweisheit und der Gedanke des kreatürlichen Miteinanders über die Sintflut gerettet wurden. Die Arche, vom Menschen Noah kreativ erdacht und konstruiert, war also stärker als die Naturgewalten. 

Die Architektur ist aus dem Wortstamm „Arche“ die „Anfangskunst“. Das heißt, die Baukunst steht am Anfang aller Künste, als der Mensch begann, sein Dasein und So-Sein auszugestalten. Wer eine Arche bauen kann, der kann auch eine Hütte bauen. Die „Bau-Hütte“ ist ein symbolisch deutbarer sozialer und technischer Entwicklungsschritt menschlicher Kreativität. 

„Kreativität“ heißt übersetzt „Schöpferische Kraft“. Als der Mensch sich seiner schöpferischen Kraft bewusst wurde, war er Baumeister einer neuen Welt. Er baute und dachte selbstbewusst, und er machte die Erfahrung, dass er das konnte. Das hat Lessing für das Synonym benutzt: „Freimaurerei war immer“, was so viel heißt, wie: Es hat immer Menschen gegeben, die frei denken und handeln mochten und die Zeit und Raum selbst gestalten wollten. Das hat natürlich nicht immer „Freimaurerei“ geheißen. 

Aber so, wie am Anfang aller Künste die Baukunst steht, steht der Gedanke von der Freiheit des Geistes und der Eigenverantwortlichkeit des Menschen am Anfang der symbolischen Freimaurerei, die sich als Idee äußerte, als sich der Mensch allmählich aus allerlei Abhängigkeiten und Unmündigkeiten befreit hat. Die Geschichte nennt diese Epoche „Aufklärung“. 

Vor dem Hintergrund der Aufklärung im 17./18. Jahrhundert hat die Freimaurerei den Gedanken der alten, uranfänglichen und immer weiter entwickelten Baukunst mit dem der menschlichen Vernunft und Mündigkeit zusammengezogen zu einem nur ihr eigenen Gebilde von Form und Inhalt. 

Noch heute stützt sich Freimaurerei auf diesen symbolischen, aber sehr eindringlich übersetzbaren Brückenschlag von der Baukunst zur Lebenskunst.  

„Lebenskunst“ – ein hohes, das höchste Ideal. Wer kann diese Kunst beherrschen? Wohl niemand. Aber jeder kann danach streben. Und wer es tut, der positioniert sich nahezu zwangsläufig gegen alles, was den ideellen großen Bau der Menschheit und Menschlichkeit bedroht. Gegen alles, was einengt und abhängig macht. Was Untertanen will, gehorsame Knechte und unbedingt zweifelsfrei Gläubige. Absolute Regierungen, allein seligmachende Religionen und ideologisch dogmatische Bewegungen brauchen solche Adepten. 

An der alten Baukunst waren alle beteiligt. Die Architekten und Statiker, die Handwerker, die Künstler, die Denker und die Macher, die Theoretiker und die Praktiker. Das war ein kooperatives Miteinander. Menschen, die einander sonst auf Dauer fremd geblieben wären, sagen wir heute für die Vielfalt von Mentalitäten, Befindlichkeiten und Fähigkeiten der Mitglieder in den Logen. Diese Vielfalt ist zwangsläufig demokratisch offen und hat Platz für Zweifel und Skepsis. 

Damals, beim Bau der Dome und Kathedralen umfasste diese Vielfalt alle Bereiche des Wissens, des Könnens, der Kunstfertigkeit, des Handwerks und der Kunst selbst. Das war die Weisheit, die ersann und plante, das war die Stärke, die den inneren und äußeren Bau ausführte, und das war die Schönheit, die Harmonie, die ihn zierte. Ein Bauwerk als Allegorie auf das Leben. Man war auf das Miteinander ganz elementar angewiesen.  

Wenn wir heute die prachtvollen Bauwerke aus alter Zeit bewundern, dann beginnen wir zu ahnen, was der Baukünstler beherrschte, z.B. die Gewölbe mit Quadersteinen errichten, mit den „Free-Stones“, den „freien Steinen“, den Schmucksteinen des architektonischen Bogens, die so passen mussten, dass sie einander stützen und halten konnten für den Brückenschlag. Das war praktische Kunst und praktisches Können. Die symbolischen Inhalte sind deutlich: das gegenseitige Stützen und Halten, das Himmelwärts-Streben, das Überbrücken von Klüften und Gräben, das Zusammenführen von Trennendem und der Ausdruck von Harmonie und Schönheit. Das sind Übersetzungen von Kunst und Handwerk, wie wir sie gern für unsere symbolische Freimaurerei und damit als Symbole für Leben und Miteinander verwenden. 

Die Baukunst steht am Anfang der bildenden Künste. Ihre erste Bestimmung war zweckgebunden. Ich habe gesagt, wer eine Arche bauen kann, der kann auch eine Hütte bauen. Die elementare praktische Aufgabe war, Häuser zu bauen, Behausung zu schaffen. Ein Dach über dem Kopf, Symbol für Schutz und Sicherheit. Aber, weiter gedacht: Jeder Bauherr bestimmt selbst, wie er wohnen möchte, und da ist sie wieder, die Idee des sinnvollen Bauens und Gestaltens von Zeit und Raum. 

So wie der Bauherr entscheidet, wie er wohnen möchte und wie er seinen Wohnraum ausgestaltet, so sollte auch der Mensch entscheiden dürfen, wie er leben will und wie er Leben und Miteinander gestaltet. So besehen ist die ganze Welt eigentlich nichts anderes als eine Wohnstatt für alle Menschen, die „eigentlich“ frei und gleich an Rechten geboren sind. Und „eigentlich“ alle Platz und Gestaltungsmöglichkeiten hätten. 

Menschenrechte sind natürlich im tieferen Sinne des Großen und Ganzen auch Menschenpflichten. Die alten Baukünstler waren „Dienende“ mit ihrer Kunst, wie die Bauleute und Steinmetzen mit ihrem Handwerk. Dieses „dem Ganzen dienen“, dem „Werk unterordnen“ sind immer noch nachdenkenswerte Inhalte unserer symbolischen Freimaurerei. Sie stehen gegen vielerlei Ungleichgewichte, Egoismen, Machtmissbrauch und Gewalt um uns her. 

Das bewusste Denken und Tun, d.h. auch das korrigierende Eingreifen ins Werk, ins Geschehen, mit Ideen, Gedanken, Wertevorstellungen, das kennzeichnet das Zeitalter der Aufklärung. Das ist gleichzeitig ein Bekenntnis zur Selbstbestimmung und Selbstverantwortung des Menschen, der sich aus dem ungefügten Stein, wie ein Bildhauer, seine eigene Kontur herausmeißeln kann. 

Selbst gestalten, selbst eingreifen. Von der Ausübung der Kunst, des Handwerks, der Fertigkeit, kommt man auf diese Weise zum Denken von Kunst und zum Denken und Gestalten von Leben, Zeit und Raum. 

Es ist mir bewusst, dass ich immer wieder Ideale anspreche, die wie Sterne sind. Man sieht sie, man kann sich an ihnen orientieren, aber man erreicht sie nicht. Ja. So ist das mit den Idealen. Ich zitiere dazu Richard von Weizsäcker: „Am Ideal gemessen, versagt die Wirklichkeit. Aber was wäre das für eine traurige Wirklichkeit, wenn sie aufhören würde, ich am Ideal zu orientieren.“ 

Die symbolträchtige Welt der Bauhütten soll dazu animieren, das Praktische ins Ethische zu übersetzen. Kreative Menschen haben seit jeher Zeugnisse und Bekenntnisse dieser Art vorgelegt, haben Bilder gemalt, Sinn gesucht, das Sein und das Nichtsein bedichtet, musiziert und die Kunst des Lebens besungen. Kunst ist immer eine innere Erfahrung, die einen äußeren Rahmen braucht. 

Vielleicht so, wie die innere Erfahrung mit der unheilen Welt zum äußeren Bekenntnis-Rahmen der Kultur gehört. Die Erfahrungen müssen uns stärken gegen alles, was diese Kultur gefährdet. 

Das, was wir bauen und gestalten – uns selbst und unsere Welt – muss uns die Kraft zu einer Kultur geben, die tatsächlich stärker ist, als Unrecht und Gewalt. Wir haben keinen Grund, kleinmütig und verzagt zu resignieren. Wir haben aber allen Grund, Ethik und Moral gegen Hass und Waffen zu stellen. Und die Kraft der Liebe gegen das Zerstörerische der Gewalt. 

Dazu braucht man Verbündete in der Solidargemeinschaft Mensch und Menschlichkeit. Freimaurer möchten in diesem Bündnis anstecken und anstiften zu dem Gedanken „Gutes wollen – das Beste tun.“ Lasst uns möglichst viel vom Machbaren, des Denkbaren in den Alltag bringen. 

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