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Von Matthias Hischer
Vom Geben und Empfangen
Lohn und Belohnung — ein sehr ungewöhnliches Thema habe ich da aufbekommen von unserem Bruder Redner. Und das noch bei einem Gästeabend, der den Gästen einiges zum Wesen der Freimaurerei vermitteln soll, ohne wiederum zu viel zu verraten. Daher habe ich mir erlaubt, den Untertitel „Vom Geben und Empfangen“ hinzuzusetzen. Zum allgemeinen Verständnis vorausschicken möchte ich noch, dass ich die rechtliche Differenzierung von Lohn oder Belohnung insgesamt beiseitelassen werde. Nur so viel: Lohn ist rechtlich ein vereinbartes festes, regelmäßiges Entgelt für eine Stundenleistung, währenddessen eine Belohnung rechtlich ein ausgelobter Preis für etwas ist.
Habt Ihr Euch, haben Sie sich schon einmal Gedanken um Lohn und Belohnung gemacht? Ich muss gestehen, mir war bislang nur unterschwellig bewusst, dass es da überhaupt einen Unterschied gibt. Die beiden Begriffe sind zu eng verwandt, als dass ich sie im täglichen Sprachgebrauch klar differenziert hätte. Das mag freilich auch damit zusammenhängen, dass für mich als Selbstständigen der klassische Lohn im alltäglichen Denken praktisch keine Rolle spielt, auch wenn ich für meine Arbeit durchaus entlohnt werde. Wird mir die Zufriedenheit meiner Kunden zurückgemeldet, empfinde ich das als Belohnung. Belohnt fühle ich mich auch, wenn ich morgens aufwache und die Vögel im Wald singen höre, belohnt quasi für nichts, ein Geschenk des Universums. Für mich eine Belohnung für die Vortragsvorbereitung ist auch, dass ich heute hier sitzen darf, beim ersten physischen Logenabend nach neun Monaten, ausgerechnet in der Bad Homburger Schlosskirche, wo unter uns die Gebeine Ludwig V. von Hessen-Homburg liegen, dem Protektor der alten Loge „Friedrich zum Nordstern“.
Belohnung und Bestrafung
Welche Rolle spielen Lohn und Belohnung für jeden von uns? Ich finde, es lohnt sich, darüber nachzudenken. Nach Heraklit ist allen Menschen gegeben, sich selbst zu erkennen und verständig zu denken. Bemühen wir uns also! Und stellen wir uns zunächst die erst einmal einfach klingende Frage: Wie oft bin ich begierig auf Lohn, warte auf Belohnung für etwas? Ehrlich!
Die Antwort wird uns nicht gefallen. Denn das ist insgesamt viel öfter der Fall, als es uns Menschen gemeinhin bewusst wird. Nach der klassischen behavioristischen Psychologie ist unser Verhalten (behavior) in hohem Maße von der Erfahrung und der Erwartung einer Verstärkung bestimmt, die positiv oder negativ sein kann. Die positive Verstärkung wird als Belohnung bezeichnet. Ein Hund bellt und bekommt von seinem Herrchen ein Leckerli, damit er ruhig ist. In Wahrheit wird der Hund belohnt, eine klassische operante Konditionierung. Wird das ein paar Mal wiederholt, lernt er: Ich belle und erhalte ein Leckerli. Wenn ich also ein Leckerli möchte, muss ich bellen.
Eines der oft zitierten menschlichen Fallbeispiele der Psychologie stammt aus den USA. Eine Forschungsgruppe um den amerikanischen Psychologen William A. Johnston berichtet 1966 von einem knapp vier Jahre alten Jungen, der seine Scheu vor einem Klettergerüst überwinden sollte. Zu Beginn lächelte die Trainerin und sprach zu ihm, wenn er sich dem Gerüst nur näherte. Hingegen entzog sie dem Jungen ihre Aufmerksamkeit, wenn er sich entfernte. Allmählich wurden die Anforderungen erhöht. Die Trainerin lächelte bald nur noch, wenn er sich dem Gerüst auf 2 m, dann auf 1,50 m genähert hatte, dann sollte er das Gerüst wenigstens berühren usw. Am Schluss der Studie verbrachte das Kind 70 % der eingeräumten Zeit auf dem Klettergerüst.
Fast unser gesamtes alltägliches Verhalten wurde auf die eine oder andere vergleichbare Weise durch Reaktionen unserer Umwelt geprägt. Durch aktive oder passive Belohnung und aktive oder passive Bestrafung lernen wir — als Kind und auch als Erwachsener. Viele Szenen sind heute vergessen, doch wir alle lernten irgendwann, wie und wann wir uns die Hände waschen, wie wir am Tisch mit Messer und Gabel essen und später, dass wir im Straßenverkehr freiwillig bei Rot anhalten. All dies konnten wir nur durch die Rückmeldungen lernen, durch negative und positive Verstärkung. Auf diese Weise lernten und lernen (!) wir auch, wie man sich in welcher Situation bewegt und welche gesellschaftlichen Normen gelten. Wir werden immer besser im Umgang mit bestimmten Situationen, je öfter wir sie erleben.
Brüderliche Diskussionskultur
So fielen mir bei meinem ersten Besuch eines Gästeabends dieser Loge vor etwa 13 Jahren noch die Diskussionskultur und das herzliche Miteinander auf; dies hob sich ab von anderen Gruppen, die ich bis dahin kannte. Man meldet sich, der Meister notiert die Meldungen und erteilt der Reihe nach das Wort. Alle Beiträge, auch diejenigen kontroversen Inhalts, sind in der Form höflich und von gegenseitigem Respekt geprägt. Man interessiert sich ehrlich für das Gegenüber. Bei meinem ersten brüderlichen Besuch in einer anderen Loge stellte ich fest: Auch dort galten diese Regeln des respektvollen Umgangs. Sie trugen dazu bei, dass ich mich umgehend geborgen fühlte. Heute fällt mir jene besondere freimaurerische Kultur nur noch auf, wenn ausnahmsweise doch mal jemand dazwischenplatzt. Auch das kommt vor.
Was gesellschaftliche Normen angeht, so entstehen negative und positive Verstärkungen, die das einzelne Mitglied entweder belohnen oder bestrafen, durch den Konsens der Mehrheit — es sei einmal dahingestellt, wie dieser jeweils erreicht wird. Viele gesellschaftliche Normen ändern sich daher nur ganz langsam. Einschneidende Ereignisse können aber auch eine schnelle Änderung der Normen bewirken. Während die typisch freimaurerische Diskussionskultur in den Logen die letzten Jahrhunderte überdauerte und nur kleine formale Veränderungen erfuhr, haben sich viele der sonstigen gesellschaftlichen Normen in den letzten 200 Jahren deutlich verschoben. Es ist beispielsweise heute eher unüblich, den Fabrikdirektor oder Geschäftsführer mit tiefer Verbeugung und eine Dame mit Handkuss zu begrüßen oder etwa seine Eltern in der dritten Person anzusprechen.
Eine kollektive positive Verstärkung und Belohnung wurde übrigens versucht, als die Menschen im März 2020 an den Fenstern und Balkonen applaudierten. Ihr Beifall galt den ganz überraschend als systemrelevant erklärten medizinischen Pflegekräften. Diese Belohnung war jedoch schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt, weil dem Applaus keine weiteren Aktionen oder gar echte Taten folgten. Weder steigerte sich die gesamtgesellschaftliche Anerkennung der Pflegekräfte, noch verbesserten sich ihre Arbeitsbedingungen und auch das Arbeitsentgelt blieb gleich. Nur sehr kurz und ganz am Rande kam die Frage auf, was ein gerechter Lohn für die zahllosen Pflegekräfte und Klinikmitarbeiter wäre, die sich täglich nicht nur mit Blut, Erbrochenem und Fäkalien abgeben müssen, sondern auch noch ihr Leben riskieren. (Gleiches trifft — in abgewandelter Form — natürlich auch auf andere Berufsgruppen zu.) Als Gesellschaft haben wir durch die hilflose Aktion nur gezeigt, wie sehr wir eigentlich im Zeitgeist verhaftet sind. Aus der Vogelperspektive könnte man darin eine ohnmächtige Geste erkennen, die sich stilistisch nahtlos in unsere Instagram- und Facebook-Welt einfügt: Ein kurzer Impuls, gut inszeniert, auf maximale Medienwirksamkeit getrimmt, ohne bleibende Wirkung. Die Beklatschten haben das übrigens viel schneller verstanden als die, die zum Klatschen aufgefordert waren.
Welche Belohnung erwarte ich?
Nach den klassischen Modellen der Psychologie gilt also die Belohnung als entscheidende Antriebsquelle des Verhaltens. Die Belohnung im psychologischen Sinne kann materiell, aber auch ideell sein. Letztlich stellt auch der Arbeitslohn nur eine Art der Belohnung dar. Ich kenne nur sehr wenige Menschen im arbeitsfähigen Alter, die auch ohne das glaubwürdige Versprechen auf eine Summe X am Monats- oder Jahresende täglich genau die Arbeit tun würden, die sie heute tun.
Allerdings kenne ich etliche Menschen, die im Ehrenamt unbezahlt sehr aufopferungsvoll arbeiten, die Kinder trainieren, für andere einkaufen, einen Bach vom Müll befreien. Im September 2020 machten Videos aus Tasmanien die Runde, in denen hunderte Freiwillige den zahllosen gestrandeten Walen zu Hilfe eilten. Sie opferten Zeit, Energie und Arbeitskraft für eine als gut befundene Sache. Auch die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr beruht auf derartigen ideellen Grundlagen, ebenso lokale oder überregionale Initiativen, die Geld für dies oder jenes sammeln. Man kann sich für oder gegen etwas engagieren, Geld, Zeit und Arbeitskraft spenden oder es unterlassen. Nicht immer lässt sich hierbei klar der Trigger erkennen, der zu diesem oder jenem Verhalten führt. Warum tue ich überhaupt etwas? Mit anderen Worten: Was treibt mich an? Was erwarte ich? Und was ist meine Belohnung? Abhängig von der Erwartung und der Persönlichkeit kann eine bestimmte Belohnung wertlos erscheinen oder Grund zu großer Freude sein. Für manche Menschen ist eine lobende, wertschätzende Bestätigung vom direkten Vorgesetzten wertvoller als ein extra Gehaltsscheck, den vielleicht noch dazu alle in der Firma bekommen.
Jeder wird zudem schon einmal die Erfahrung gemacht haben, dass der Erwartende oder auf Belohnung Hoffende absolut nicht das erhält, was er gesucht hat. Manchmal sind die Ergebnisse der Bemühungen überraschend ganz anders oder sie bleiben völlig aus. Anerkennung und intrinsische Erfüllung kann im Ehrenamt schließlich auch versagt bleiben, auch der Hauptgewinn im Glücksspiel ist keineswegs sicher, so dass die Belohnung für die Teilnahme entfällt. Und manipulative Menschen wissen die Erwartungen des Gegenübers und das Erhoffen einer Belohnung wiederum zu nutzen, um ihre eigenen Zwecke zu erreichen. Ja, dann bleibt die Belohnung eben aus, könnte man denken. Auch dadurch aber lernen wir, denn im Idealfall wiederholen wir erkannte Fehler nicht wieder und wieder.
Das kleinste Korn
Kommt also die Belohnung für alles, was man tut, schlussendlich doch — irgendwie, irgendwann?
Der indische Philosoph und Dichter Rabindranath Tagore (*1861 †1941) veröffentlichte 1910 folgende Zeilen:
Als Bettler ging ich von Tür zu Tür
als Dein goldender Wagen
wie ein prachtvoller Traum in der Ferne erschien,
und ich wunderte mich,
wer denn dieser König der Könige sein könnte.
Ich machte mir große Hoffnungen,
dass meine bösen Tage jetzt zu Ende wären,
und stellte mich hin
um ungefragt Almosen zu empfangen, und Reichtümer,
die ringsum im Staub verstreut würden.
Der Wagen hielt an, wo ich stand.
Dein Blick fiel auf mich,
und du kamst mit einem Lächeln herunter.
Ich spürte, dass mein Lebensglück
endlich zu mir gekommen war.
Und plötzlich strecktest du deine Hand zu mir aus und sagtest:
„Was hast du mir zu geben?“
Was für ein königlicher Scherz war das,
als du deine Hand einem Bettler hinhieltest
um zu betteln!
Ich war verwirrt und unentschlossen,
und dann nahm ich langsam aus meinem Bettelsack
das kleinste Getreidekorn, das ich fand, und gab es dir.
Doch wie groß war meine Überraschung
als ich am Ende des Tages den Inhalt des Sacks
auf dem Boden ausleerte und
unter dem armseligen Haufen
dies kleinste Korn in Gold fand.
Ich weinte bitterlich und wünschte,
ich hätte den Mut gehabt dir alles,
alles von mir zu geben.
(Nr. 50 aus Gitanjali • Sangesopfer. Übers. nach Angelika + Karsten Klemme 2012)
Anmerkung: Das Gedicht entstammt dem Band Gitanjali (Sangesopfer), für den R. Tagore 1913 den Literaturnobelpreis enthielt.
Mit jenem außerordentlich tiefschürfenden Gedankengang sind wir auf der metaphysischen Ebene des Themas angekommen, also bei Fragen wie der nach dem Sinn und Zweck allen Seins, beim ewigen Kreislauf des Lebens, der Beziehung von Geist und Materie usw.
Müssen wir spenden oder zählt einzig das „Wollen“?
Es sind solche Themen und Fragen, denen sich die Freimaurer in vertrauten Gesprächen und unterstützt durch Rituale zu nähern versuchen. Seit Jahrhunderten verbinden sich in den Freimaurerlogen Menschen, die sonst nie zusammengekommen wären, Menschen verschiedenster Grundgedanken und mit verschiedensten Lebensentwürfen, mit unterschiedlichen religiösen Auffassungen. Auch politisch sind wir oft unterschiedlich geprägt. Es gibt auch keine materiellen Vorteile dieses Zusammenkommens, im Gegenteil, die Mitgliedschaft kostet Geld und Zeit. In der sonstigen Welt wäre ein solches Zusammenkommen fast undenkbar, oder es ginge nicht lange gut. Hier jedoch sitzen wir jede Woche beieinander, reden, geben, erhalten und lernen voneinander. Freimaurerei lässt sich weder auf das gesellige Beisammensein noch auf gemeinsame Einübungsethik oder auf Tradition reduzieren. Sie ist Arbeit, stete Arbeit am Selbst, bei oft langsamem Fortschritt. Und sie wirft — ernst betrieben — immer neue Fragen auf. Tagore war übrigens Freimaurer.
Nur wenn ich etwas gebe, erhalte ich auch etwas. Oder — anders formuliert: Ich erhalte nur, wenn ich zu geben bereit bin. Das Gebenwollen ist dabei essenziell. Aber wie ist das gemeint? Soll der Freimaurer spenden, und gegebenenfalls was?
Nun sind Freimaurer zwar eine brüderliche Gemeinschaft, aber keine, bei der es vordergründig um das Spenden geht. Hierfür gibt es andere Vereinigungen: Kiwanis, Lions, Rotary und einige mehr. Dort gilt die alte PR-Weisheit: Tue Gutes — und rede darüber! So etwas gibt es bei den Freimaurern nur im Ausnahmefall. Jedoch: auch bei uns spielt die Gabe traditionell eine wichtige Rolle. Gute Projekte werden etwa bereitwillig unterstützt. Nicht nur einzelne Logen tun das; es gibt zusätzlich innerhalb der Freimaurerei zahllose helfende Stiftungen und überregionale Vereine. Doch die Gabe des Freimaurers soll den Gebenden innerlich veredeln, man gibt, um zu geben, des Gebens willen. Die Außenwirkung spielt keine Rolle. Ist die Gabe gemacht, redet man nicht weiter darüber, auch in der Zeitung erscheint so etwas fast nie.
Mir ist noch gut erinnerlich, wie schwer es Frankfurter Brüdern 2017 beim Pressegespräch anlässlich einer damals stattfindenden Jubiläumsveranstaltung fiel, auf Nachfrage und zögernd die jährlich für Stipendien bereitgestellte Summe von 200000 Euro zu nennen.
Das selbstlose Geben in der Loge üben
In den „Alten Pflichten“ von 1723, die bis heute als Grundlage der regulären Freimaurerei dienen, heißt es: „Alle angestellten Maurer sollen ihren Lohn in Ergebenheit ohne Murren oder Meuterei in Empfang nehmen (…)“
Also … geht es doch darum, etwas zu erhalten? Was erhält man denn, wenn man gibt? Im Idealfall bekommt man — wie von Tagore geschildert — das in Gold zurück, was man gespendet hat. Doch hiermit ist nicht etwa physisches Gold, sind nicht materielle Reichtümer gemeint. Vielleicht ist das ungewohnt und daher schwer zu verstehen, aber das Gold ist hier übertragen zu sehen — als das Beste im Menschen, das Wertvollste, was erreicht werden kann.
Es geht in der Freimaurerei nicht um Summen und irdischen Besitz, sondern um die innere Veredelung des Menschen, um die Selbstverbesserung. Dabei gilt die alte mystische Weisheit, dass ich mich innerlich nur veredeln kann, wenn ich dabei auch etwas von mir abgebe. Das kann Wissen sein, Geld oder Liebe, wobei die Liebe das Allerwichtigste ist, was ein Mensch geben kann und muss, um zur Weisheit zu gelangen. Denn Liebe macht alles leicht. Lao-Tse werden die Sätze zugeschrieben:
„Der Weise ist nicht streng.“
„So ist der Weise, tut und verlangt nichts für sich, nimmt nicht für sich, was er
vollbracht und will nicht gepriesen sein.“
Es sind Sätze, die gut als ein Idealbild freimaurerischen Handelns gelten könnten. Wobei, man muss es gestehen, in der Loge Menschen zusammenkommen, mit allen Vorzügen und Schwächen. Nicht immer herrscht eitel Sonnenschein.
In der Loge kann ich aber gut das selbstlose Geben üben, und zwar lebenslang. Als Belohnung bekomme ich mindestens das, was ich bereit war zu geben! Wem das interessant erscheint und wer sich zudem genügend geprüft hat, der klopfe an. Zur Selbstprüfung gehört auch, dass man die Loge genügend kennengelernt und ein Gefühl für das dort anzutreffende Miteinander entwickelt hat. Denn jede Loge ist anders, so wie jede Familie anders ist. Dieser Prozess kann ein ganzes Jahr dauern; wichtig ist, dass auch die Loge genügend Gelegenheit hatte, den Gast kennenzulernen. Ist der Gast sich sicher, dass er der Freimaurerei — einem Lebensbund im Allgemeinen und der Loge im Besonderen — beitreten möchte, dann nehme er Stift und Papier und teile dem Meister vom Stuhl gut leserlich mit, dass und warum er um Aufnahme ersucht. Auch dies sollte erwartungsfrei geschehen. Ab diesem Moment gilt er bei uns als Suchender.
Ob dieser Suchende jemand wird, der den Lohn seiner Mühen erntet, quasi ein Findender des Goldkorns, wird sich zeigen – oftmals erst nach vielen Jahren.
Zusatz
Wir wollen unsere Gäste besser kennenlernen. Daher nun die Frage: Was sind für Sie echte Belohnungen, womit fühlen Sie sich belohnt?
Der Talmud sagt: „Laufe nach einem geringfügigen guten Werk so wie nach einem großen, und fliehe die Sünde; denn ein gutes Werk zieht ein anderes nach sich, und eine Sünde zieht eine andere nach sich. Der Lohn für ein gutes Werk ist ein gutes Werk, und der Sünde Lohn ist weitere Sünde.“
Belohnung in einfachsten Dingen
Wir schreiben den November 1843. Der Dichter Heinrich Heine reist nach 13 Jahren im französischen Exil zu einer Stippvisite nach Deutschland, zu seinem Hamburger Verleger Julius Campe. Beide waren übrigens Freimaurer. Die Reise war nicht ohne Gefahren, weil Heines Schriften im Deutschen Bund seit 1835 verboten waren. Er hatte das Pariser Leben genossen, aber seine Heimat schmerzlich vermisst. In dieser Situation schrieb er folgende Zeilen:
Ein Spätherbstmorgen, feucht und grau,
Im Schlamme keuchte der Wagen;
Doch trotz des schlechten Wetters und Wegs
Durchströmte mich süßes Behagen.
Das ist ja meine Heimatluft!
Die glühende Wange empfand es!
Und dieser Landstraßenkot, er ist
Der Dreck meines Vaterlandes!
Die Pferde wedelten mit dem Schwanz
So traulich wie alte Bekannte,
Und ihre Mistküchlein dünkten mir schön
Wie die Äpfel der Atalante!